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CO2-Schattenpreis: Experteninterview zur Integration der neuen Größe in öffentliche Beschaffungen

Im Januar 2022 ist die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Beschaffung klimafreundlicher Leistungen, kurz AVV Klima, in Kraft getreten. Einkäufer des Bundes erhalten damit neue Vorschriften zur nachhaltigeren Beschaffung von Leistungen. So soll etwa die Wirtschaftlichkeit von Projekten und Anschaffungen nicht mehr lediglich in Bezug auf ihren Marktpreis beurteilt werden, sondern zusätzlich auch den so genannten CO2-Schattenpreis einbeziehen. Das bedeutet konkret, dass für eine Anschaffung nicht nur der ausgewiesene Preis einer Leistung als Entscheidungsgrundlage dienen soll, sondern auch die Prognose aller monetarisierbaren Treibhausgasemissionen über deren gesamten Lebenszyklus hinweg.

Dazu gilt es, alle Teilleistungen entlang der Wertschöpfungskette zu berücksichtigen und abzuwägen, ob gegebenenfalls eine Reparatur einer Neuanschaffung vorzuziehen ist. Ein praktisches Beispiel: Mitunter kann es sinnvoller sein, Einrichtungsgegenstände restaurieren zu lassen, statt sie durch neue zu ersetzen. Selbst wenn der Angebotspreis für Neuanschaffungen günstiger ausfällt, wird dies relativiert, wenn durch die Herstellung der neuen Möbel ein ungleich höherer Treibhausgasausstoß anfällt.

So sinnvoll diese Maßnahme vor dem Hintergrund des voranschreitenden Klimawandels ist, so herausfordernd ist sie auch für die Beschaffer in der Praxis. Wie dies gelingen kann, haben wir zwei Fachexperten gefragt: Prof Dr. Michael Eßig und Prof. Dr. Christian von Deimling lehren beide an der Fakultät für Wirtschaft- und Organisationswissenschaften der Universität der Bundeswehr München. In diesem Interview teilen sie ihre Expertise sowie praktische Hinweise, wie öffentliche Beschaffer sich dem Thema annähern können.

Die Grundidee des CO2-Schattenpreises

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Wie Professor Dr. Michael Eßig hier erläutert, ist öffentliche Beschaffung eine strategische Aufgabe, die genutzt werden kann und sollte, um die Wirtschaft in Richtung nachhaltiger Praktiken zu lenken – immerhin stecken 25 % der Staatsausgaben in öffentlichen Beschaffungen. Durch die AVV Klima wurde dieses Ziel mit konkreten Maßnahmen ausgekleidet. Der CO2-Schattenpreis ist ein Instrument, um externe Kosten im strategischen Wirtschaftlichkeitskalkül abzubilden.

Wie hoch darf und muss der CO2-Schattenpreis angesetzt werden und wann ist er anzuwenden?

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Hier erklärt Prof. Dr. von Deimling, wie der CO2-Schattenpreis anzuwenden ist und dass er in zwei Phasen eingeführt wird. Die Kosten für die Kompensation der Umweltbelastungen müssten nicht zwangsläufig vom Auftraggeber allein getragen werden, sondern können gegebenenfalls auch auf andere Nutzer umgelegt werden.

Führt die Berücksichtigung des CO2-Schattenpreises wirklich zu einer nachhaltigeren öffentlichen Beschaffung?

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Nach Prof. Dr. Eßigs Beurteilung gibt es aktuell noch eine Diskrepanz zwischen Regulierungssystem und tatsächlicher Implementierung. In der AVV Klima sei eine ziemlich knapp kalkulierte Aufwandseinschätzung zur Kostenberechnung des CO2-Schattenpreises angeben. Den Vergabestellen müssen jedoch die notwendigen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, um diesen strategischen Ansprüchen auch nachkommen zu können.

Wie können sich öffentliche Einkäufer dem Thema Lebenszykluskosten bzw. CO2-Schattenpreis dann annähern?

Bereits vor der Erstellung der Vergabeunterlagen könne der CO2-Schattenpreis zur Schätzung des Auftragspreises herangezogen werden. Für die Zuschlagserteilung sei dann festzulegen, ob und mit welcher Gewichtung die Umweltbelastungen der angebotenen Leistungen (und demnach die Höhe des CO2-Schattenpreises) in die Zuschlagskriterien einfließen sollen.