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Barrieren in der nachhaltigen Beschaffung – der Mensch als größtes Hindernis?

Noch ist die nachhaltige Beschaffung in vielen öffentlichen Vergabestellen viel zu selten ein Thema. Einer der Gründe, die hier häufig vorgeschoben werden, sollen die hohen Kosten für nachhaltige Produkte sein. Doch stimmt das wirklich oder ist die Annahme durch eine Fehlinformation begründet?

Im Jahr 2017 haben die Vereinten Nationen eine Studie beauftragt, die sich mit dem Fortschritt zur Umsetzung nachhaltiger Aspekte im öffentlichen Einkauf auseinandersetzt. Die Studie möchte neben aktuellen Einblicken in den Fortschritt nachhaltiger öffentlicher Beschaffung auch verlässliche Aussagen auf Basis von Zahlen, Daten und Fakten liefern.

Für die Studie wurden 186 öffentliche Auftraggeber aus 62 verschiedenen Ländern zu ihren Beschaffungsaktivitäten hinsichtlich der Nachhaltigkeit befragt. Dabei wurde unter anderem auch nach den wahrgenommenen Hindernissen zur erfolgreichen Einführung einer nachhaltigen öffentlichen Beschaffung gefragt.

Die Auswertung der Untersuchung ist im „Global Sustainable Public Procurement“ veröffentlicht.

Besonders häufig genannte Hindernisse

Die Ergebnisse der Befragung sind verblüffend und zeigen zugleich deutliche Probleme in der öffentlichen Beschaffung auf.

Besonders häufig nannten die Umfrageteilnehmer, dass nachhaltige Produkte und Dienstleistungen ihrem Eindruck nach teurer sind als Produkte und Dienstleistungen, die weniger Nachhaltigkeitskriterien erfüllen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Teilnehmer der Umfrage nicht zwingend davon ausgehen, dass nachhaltige Produkte/Dienstleistungen schlechter in der Qualität oder Leistungsfähigkeit sind.

Gleichzeitig gaben die befragten Studienteilnehmer an, dass mangelnde Erfahrung mit einer nachhaltigen öffentlichen Beschaffung ein wesentliches Hindernis darstellen kann. An dieser Stelle kann folgende Schlussfolgerung gezogen werden: Fehlendes Wissen über die Leistungsfähigkeit und die Wirtschaftlichkeit nachhaltiger Produkte sowie Dienstleistungen und eine fehlende praktische Erfahrung mit der Beschaffung nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen kann zu Unsicherheiten bei den handelnden Personen im öffentlichen Einkauf führen.

Letztlich, das scheint sich aus den Ergebnissen der Umfrage zu ergeben, werden diese grundlegenden Unsicherheiten durch (vermeintlich) fehlende politische Vorgaben und Maßnahmepläne sowie durch (vermeintlich) fehlende und verbindlich einzuhaltende Regel verstärkt.

Aus der Umfrage geht an dieser Stelle nicht deutlich hervor, ob diese Unsicherheiten derart gravierender Natur sind, sodass die Bereitschaft entsprechende Auftragsvergaben (inklusive nachhaltiger Aspekte) auf den Weg zu bringen, verringert wird. Also, ob diese Unsicherheiten eine gewisse Experimentierfreude hemmen könnte.

Interessant scheint hier auch die Wahrnehmung zu sein, dass es an nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen auf Bieterseite fehlt. Aus heutiger Sicht stellt sich an dieser Stelle zum einen die Frage, ob diese Einschätzung heute noch so geteilt werden kann oder ob nicht eher das Fehlen systematischer Marktanalysen und Markterkundungen die Ursache dafür ist.

Darüber hinaus würde ein modernes Verständnis von Nachhaltigkeit auch den Blick auf eine nachhaltige Herstellung, also auf die Prozesse zur Produkt- oder Dienstleistungserstellung lenken. Allerdings scheinen die öffentlichen Auftraggeber an dieser Stelle explizit auch die Transparenz von Wertschöpfungsketten und die tatsächlich nachhaltige Leistungserstellung als Hindernis einzuschätzen. Aus der Kombination der Hindernisse scheint sich letztlich die Empfehlung zu ergeben, dass Unsicherheiten nur durch eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Thema und den Möglichkeiten der Nachhaltigkeit auf Auftraggeberseite möglich ist. Auf Bieterseite braucht es dagegen eine höhere Transparenz hinsichtlich der Möglichkeiten der Nachhaltigkeit im Herstellungsprozess und der Zusammensetzung der Produkte und Dienstleistungen.

Die größten Hindernisse für die Umsetzung einer nachhaltigen Beschaffung

Besonders selten genannte Hindernisse

Vergleichsweise selten wird als Hindernis für die Umsetzung einer nachhaltigen öffentlichen Beschaffung das Fehlen von Zertifikaten und Nachhaltigkeitsstandards gesehen. Hier scheinen sich die Teilnehmer der Umfrage einig zu sein, dass es ausreichend gute Zertifikate zur Bescheinigung der Nachhaltigkeit gibt.

Auch die Außenwirkung von nachhaltig beschafften Produkten und Dienstleistungen (welche das Ansehen des öffentlichen Auftraggebers beeinflussen könnte) wird als vergleichsweise kleine Hürde wahrgenommen.

Erfreulich ist auch, dass es nicht an der grundsätzlichen Bereitschaft der Mitarbeiter im öffentlichen Einkauf scheitert, nachhaltige Anforderungen in den Auftragsvergaben zu berücksichtigen. An dieser Stelle kann also gefolgert werden, dass die Mitarbeiter Nachhaltigkeit einführen und umsetzen würden, wenn die oben genannten Unsicherheiten reduziert werden.

Dazu passt, dass das Fehlen von konkret formulierten Anforderungen zur Nachhaltigkeit nur als geringes Hindernis betrachtet wird. Ebenso verhält es sich beim Einsatz von weiteren Instrumenten wie der Analyse von Lebenszyklen und Lebenszykluskosten.

Wie lassen sich die Hürden in der nachhaltigen Beschaffung überwinden?

Letztlich lässt sich aus den Ergebnissen des UN-Berichts aus dem Jahr 2017 die einfache Formel entnehmen: Unsicherheiten zur nachhaltigen Beschaffung abbauen und die Bereitschaft der Mitarbeiter zur Einführung und Umsetzung von Nachhaltigkeit nutzen.

Helfen können dabei eine verbindliche Zielsetzung der Hausleitung zur Einführung von Nachhaltigkeit, die Entwicklung und Kommunikation von Nachhaltigkeitsstrategien innerhalb des öffentlichen Auftragswesens und eine konsequente Marktanalyse zur Steigerung der Transparenz hinsichtlich der Machbarkeit von Nachhaltigkeit zusammen mit den anderen Marktteilnehmern.