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9 Leitsätze zur Kreislaufwirtschaft vom Umweltbundesamt samt abgeleiteten Empfehlungen – Teil 2

Wie bereits angekündigt, folgt hier die Fortsetzung des zweiteiligen Artikels „9 Leitsätze zur Kreislaufwirtschaft vom Umweltbundesamt“. Neben der Erläuterung der Leitsätze 5-9 werden Schlussfolgerungen gezogen sowie Handlungsempfehlungen für den öffentlichen Einkauf abgeleitet.

5. Leitsatz zur Kreislaufwirtschaft: Materialkreisläufe

Der fünfte Leitsatz beschreibt die Gestaltung von Materialkreisläufen.

„Kreislaufwirtschaft zielt auf eine Bewirtschaftung von Materialien in möglichst gleich- oder höherwertigen Kreisläufen ab, wodurch Primärmaterialien durch Sekundärmaterialien geeigneter Qualität substituiert und eingespart werden. Gleichwohl sind auch Kaskadennutzungenund endgültige Beseitigungen im Hinblick auf die Ziele (3) und die Aufwandsmaßstäbe (4) erforderlich.“

Zu den zentralen Handlungssträngen gehören hier die Verlangsamung von Stoffkreisläufen, die Produktion von Sekundärrohstoffen sowie die Wiederverwendung geeigneter Materialien. Ein Downcycling sollte dabei jedoch verhindert werden.[1] Für die öffentlichen Einkäufer heißt das, dass Anpassungen der Leistungsbeschreibungen, Ausschluss- und Zuschlagskriterien sowie der Vertragsbedingungen sinnvoll sind.[2] Je nach Anforderung sollte differenziert werden, inwieweit eine Herstellung aus Recyclaten möglich ist.

6. Leitsatz zur Kreislaufwirtschaft: Vermeidung

Der sechste Leitsatz priorisiert den Grundsatz der Vermeidung von Abfällen vor dem der Kreislaufführung.

„Die Vermeidung von Abfällen und Reststoffen ist der Kreislaufführung grundsätzlich vorzuziehen, da letztere immer verlustbehaftet und mit Energieaufwendungen verbunden ist. Vermeidungsmaßnahmen bemessen sich an dem Beitrag zur Zielerreichung (3) und den Aufwandsmaßstäben (4).“

Oberste Priorität ist hier also die Vermeidung von Abfällen. Mithilfe einer verlängerten Nutzungsdauer sowie verbesserter Reparierbarkeit lässt sich die Abfallentstehung verringern. Öffentliche Auftraggeber sollten daher bei der Vergabe zunächst auf Abfallvermeidung und erst im zweiten Schritt auf Wiederverwendbarkeit achten. Begründet wird dieser Leitsatz mit der Akzeptanzbedeutung und dem Bewusstsein für das Erreichen der Abfallvermeidungsziele des deutschen Abfallvermeidungsprogramms (AVP).[3] Bei diesem Leitsatz sind öffentliche Auftraggeber aufgrund ihrer Vorreiterrolle besonders in der Pflicht: „Einerseits durch Maßnahmen, mithilfe derer auszusondernde Gebrauchtprodukte für eine weitere Nutzung bereitgestellt werden (Angebot) und andererseits durch rechtliche Vorgaben zur Beschaffung gebrauchter und wiederaufbereiteter Produkte durch die öffentliche Hand (Nachfrage).“[4]

7. Leitsatz zur Kreislaufwirtschaft: Design

Der siebte Leitsatz bezieht sich auf das Design, das die größtmögliche Einsparung erzielt.

„Design für eine Kresilaufwirtschaft bedeutet, den funktionalen und wirtschaftlichen Wert von Produkten, ihren Komponenten und Materialien so lange wie möglich zu erhalten, um auf diese Weise negative Auswirkungen auf Menschen und Umwelt zu minimieren. Dabei sollen die Designsätze die Neuordnung der Produktions- und Konsumformen in der Gesellschaft unterstützen. Die Optimierung des Designs bemisst sich an dem Beitrag zur Zielerreichung (3) und den Aufwandsmaßstäben (4)“

Demnach entscheidet sich die Eignung eines Produkts für die zirkuläre Wirtschaftsweise bereits in der Phase des Produktdesigns. Recyclingfähige Produkte sollten aus leicht trennbaren, schad- und störstofffreien, homogenen Materialien bestehen.[5] Diese Aspekte sollten öffentliche Einkäufer möglichst bereits in der Ausschreibung verankern.[6] Aufgrund der steigenden Komplexität sowie des interdisziplinären Design-Prozesses steigt dabei die Bedeutung des informativen Austausches innerhalb der Lieferketten.[7] Eine weitere Empfehlung ist daher die enge Zusammenarbeit mit Lieferanten und Herstellern.[8]

8. Leitsatz zur Kreislaufwirtschaft: Schadstoffe

Der achte Leitsatz betrifft die Vermeidung von schädlichen Stoffen.

„Das Inverkehrbringen von Produkten mit Stoffen, von denen Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit speziell für die menschliche Gesundheit sowie die Umwelt ausgehen, ist zu vermeiden. Sofern derartige Stoffe nicht substituierbar, bereits enthalten sind oder sich erst im Nachhinein als solche herausstellen, so sind sie zu zerstören oder durch Ablagerung in sichere Senken auszuschleusen oder unter Abwägung der Ziele (3) und Aufwandsmaßstäbe (4) in sicheren Kreisläufen zu führen, wobei eine Schadstoffanreicherung zu verhindern ist.“

Den Aspekt der Vermeidung von Schadstoffen können öffentliche Auftraggeber in die Vergabekriterien mit aufnehmen. Je nach Art der Lieferung oder Leistung muss jedoch differenziert werden, inwieweit diese notwendig sind. Sollten Schadstoffe notwendig sein, sollte darauf geachtet werden, wie diese entsorgt werden können. Zudem ist es für einen funktionierenden Wirtschaftskreislauf notwendig, Informationen zu eingesetzten Chemikalien transparent verfügbar zu machen.[9]

9. Leitsatz zur Kreislaufwirtschaft: Verantwortung

Der neunte Leitsatz hebt die Verantwortlichkeit eines jeden Akteurs und der Notwendigkeit rechtlicher Regelungen hervor.

„In einer Kreislaufwirtschaft tragen alle Akteure innerhalb von Produktlebenszyklen und entlang von Materialwertschöpfungsketten eine Verantwortung für das Erreichen der Ziele der Kreislaufwirtschaft. Die Übernahme der Verantwortung muss rechtlich sichergestellt werden, sofern diese anderenfalls nicht hinreichend wahrgenommen wird.“

Die Zuordnung der Verantwortlichkeit soll dabei nach drei Prinzipien erfolgen [10]:

  • Verursacherprinzip: Entsprechend der Lebenszyklusphasen der Produkte sollen Verantwortlichkeiten zugeordnet werden. So ist der Produzent für das Design verantwortlich, der Vertreiber für die Rücknahme, der Konsument für die Konsumentscheidung sowie Nutzungsdauer und die Wissenschaft für die Bereitstellung des notwendigen Know-hows.
  • Eignungsprinzip: Hier werden die Verantwortungen dem übertragen, der am besten zur Zielverwirklichung der Kreislaufwirtschaft geeignet ist, wie zum Beispiel Entsorgungseinrichtungen für die Entsorgung. Öffentliche Auftraggeber sollten sich dabei von den Fachbereichen bezüglich Eignung und Notwendigkeit der Produkte sowie von den Vertreibern zur Entsorgung beraten lassen.
  • Einfluss auf Lebenszyklusphasen: Dabei werden die Verantwortlichkeiten demjenigen zugeordnet, der den größten Einfluss in dieser Lebenszyklusphase ausrichten kann. In der öffentlichen Beschaffung ließe sich das mit Zielvorgaben über ein Mindestmaß an Vergaben zugunsten nachhaltiger Leistungen verwirklichen.

Die öffentliche Hand ist hier für die Lenkung des Systems verantwortlich. Ohne natürliche Markttreiber müssen rechtliche Regelungen in das Geschehen eingreifen. Dabei spielt neben der Materialverantwortung auch die Informationsverantwortung eine wichtige Rolle.[11] Öffentliche Einkäufer sollten diese einfordern und in den Vergabeprozess integrieren.

Fazit: Anforderungen und Empfehlungen für öffentliche Einkäufer

Zusammenfassend lassen sich folgende Anforderung für öffentliche Einkäufer ableiten:

  • Wissen über die Marktmöglichkeiten
  • gute Verbindung zu den Fachabteilungen
  • Übersicht über die Maßnahmeneffektivität

Daraus lassen sich wiederum verschiedene Empfehlungen aussprechen. Zum Beispiel sollten folgende Kriterien Einfluss auf die Vergabeentscheidung nehmen:

  • Unterstützung möglichst vieler Ziele der Kreislaufwirtschaft.
  • Produkte bevorzugen, die wenig bis keine Abfälle verursachen.
  • Recyclate den Primärrohstoffen vorziehen. Um die Qualität zu wahren, können verschiedene Mindestangaben kombiniert werden. Kommen Recyclate nicht infrage, sollten recyclingfähige Produkte bevorzugt werden. Ist dies ebenfalls nicht möglich, sollte auf die Entsorgung geachtet werden.
  • Reparierbare, demontierbare und wiederverwendbare Güter bevorzugen.
  • Produkte mit längerer Nutzungsdauer priorisieren.

Für die Zusammenarbeit mit Lieferanten empfehlen sich folgende Aspekte:

  • Gestaltung eines nachhaltigen Lieferkettenmanagements.
  • Enger Informationstausch, insbesondere zu Einforderungen von Informationen zu Schadstoffen und Entsorgungsmöglichkeiten vor der Vergabe.

Außerdem können folgende Maßnahmen unterstützen:

  • Bereitstellung von auszusondernden Gebrauchtprodukten für eine weitere Nutzung.
  • Beschaffung gebrauchter und wiederaufbereiteter Produkte.

Quellen

[1],[3],[4],[5],[7],[9],[10],[11] Umweltbundesamt (2020). Leitsätze einer Kreislaufwirtschaft.

[2],[6] Igarashi et al. (2015). Investigating the anatomy of supplier selection in green public procurement. In: Journal of cleaner production, 108, S. 442-450.

[8] Yun, G., Yalcin, M., Hales, D., Known, H. (2019). Interactions in sustainable supply chain management: a framework review. In: The International Journal of Logistics Management, 30, S. 140-173.