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Kreislaufwirtschaft im European Green Deal

Der European Green Deal und seine Maßgaben zur Kreislaufwirtschaft

Der European Green Deal versteht sich als Roadmap zur Erreichung der europaweiten Klimaziele bis 2050. Wir haben die wichtigsten Leitlinien für nachhaltiges Wirtschaften im Sinne der Kreislaufwirtschaft und für die öffentliche Beschaffung zusammengefasst.

Europas Roadmap zur Erreichung der Klimaziele

Effektiver Klimaschutz und die Beschränkung der globalen Erderwärmung sind Ziele, die nur durch globale Zusammenarbeit erreicht werden können. Um dem Nachdruck zu verleihen und zunächst auf europäischer Ebene eine gemeinsame Vorgehensweise zu erwirken, rief das Europäische Parlament bereits 2019 den Klimanotstand aus. Daran gekoppelt wurde die Forderung, dass alle legislativen und budgetären Vorhaben der EU fortan auf Ihre Kompatibilität mit den Klimazielen 2050 zu prüfen sind. Maßgeblich dafür ist die Zielsetzung, die globale Erwärmung auf maximal 1.5 °C einzudämmen.¹

Ziele und Maßnahmen des European Green Deals im Überblick

Im Juni 2021 wurde dazu das EU-Klimagesetz verabschiedet, das alle Mitgliedstaaten rechtlich dazu verpflichtet, ihre Emissionen bis 2030 um 55 % zu reduzieren und Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Europa möchte damit global neue Standards setzen, auch indem neue Wirtschaftsperspektiven aktiv geschaffen werden. Die Teilziele, die hierfür zu erreichen sind, werden heruntergebrochen, um sie leichter in die nationalen Gesetzgebungen integrieren zu können. Dies geschieht etwa mit Aktionsplänen für Umweltschutz und Kreislaufwirtschaft. Die Maßnahmen adressieren neben Klima-, Umwelt- und Ozeanschutz auch weitreichend die wirtschaftlichen Sektoren wie Industrie, Landwirtschaft, Verkehr, Energieversorgung, Forschung, Finanzwesen und allgemein die regionale Entwicklung.

Die Erwartungen an die Mehrwerte in allen Lebensbereichen sind hoch: So sollen großflächige Gebäudesanierungen zu mehr Energieeffizienz und Wohnqualität führen. Die Maßnahmen zahlen auf eine bessere Qualität von Luft, Wasser und Böden ein und tragen dazu bei, die Biodiversität zu erhöhen. Durch Investitionen in saubere Energiegewinnung, innovative Technologien und öffentliche Verkehrsmittel sollen Emissionen gesenkt und zugleich krisensichere Industriezweige und Arbeitsplätze geschaffen werden. Langlebigere Produkte, die besser reparierbar bzw. wiederverwendbar sind, sollen den Ressourcenverbrauch insgesamt mindern.² Hier kommen die Schwerpunktthemen des Vergabe-Insiders zum Tragen: Kreislaufwirtschaft und öffentliche Beschaffung.

Der Aktionsplan Kreislaufwirtschaft als Teil des European Green Deals

Der European Green Deal verfolgt das hoch gesteckte Ziel, Wirtschaftswachstum losgelöst von Ressourcenverbrauch zu erreichen. Das ist auch dringend notwendig: Immerhin werden die Hälfte der gesamten Treibhausgasemissionen und mehr als 90 % des Verlustes an biologischer Vielfalt durch die Gewinnung und Verarbeitung von Ressourcen verursacht.³

Ein Hauptinstrument dafür ist die Kreislaufwirtschaft. Sie soll den Druck auf die Ressourcen merklich schmälern, die Wettbewerbsfähigkeit der EU nachhaltig sichern und den Verbrauchern neue Rechte einräumen. Mit dem aktuellen Aktionsplan, der im März 2020 vorgestellt wurde, werden dazu konkrete Maßnahmen formuliert. Die Ziele des Aktionsplans fasste Frans Timmermanns, Exekutiv-Vizepräsident des European Green Deals folgendermaßen zusammen:

„Um bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen, unsere natürliche Umwelt zu erhalten und unsere wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, bedarf es einer geschlossenen Kreislaufwirtschaft. Unsere Wirtschaft ist heute noch überwiegend linear gestaltet und nur 12 % der Sekundärstoffe und -ressourcen gelangen wieder in die Wirtschaft zurück. Viele Produkte gehen zu schnell kaputt, können nicht ohne Weiteres wiederverwendet, repariert oder recycelt werden oder sind nur für den einmaligen Gebrauch bestimmt. Sowohl für Unternehmen als auch für Verbraucher kann ein enormes Potenzial entfaltet werden. Mit dem heutigen Plan leiten wir Maßnahmen ein, um die Art und Weise, wie Produkte hergestellt werden, zu verändern und die Verbraucher in die Lage zu versetzen, nachhaltige Entscheidungen zu ihrem eigenen Nutzen und zum Nutzen der Umwelt zu treffen.“

Die Grundpfeiler des Aktionsplans zur Kreislaufwirtschaft

In Bezug auf Produkte selbst sollen Rechtsvorschriften folgen, die sicherstellen, dass Produkte, die in der EU in Umlauf gebracht werden, langlebiger sind und zum größtmöglichen Anteil aus recycelten Materialien bestehen. Einwegprodukte und die Vernichtung von produzierten, nicht verkauften Produkten werden mittelfristig verboten. Verbrauchern sollen mehr Informationen an die Hand gegeben werden, um nachhaltige Kaufentscheidungen treffen zu können – ebenso wird perspektivisch ein „Recht auf Reparatur“ eingeräumt werden. In Bezug auf die Wirtschaft fokussiert der Aktionsplan vor allem Branchen, in denen ein hohes, bisher unzureichend genutztes Potenzial zur Kreislaufwirtschaft besteht. Das betrifft besonders Produkte im Bereich Elektronik und IT, Batterien und Fahrzeugtechnik.

Verpackungen im Allgemeinen sollen branchenunabhängig bestmöglich reduziert werden. Wo Kunststoff zum Einsatz kommt, kommen verbindliche Vorschriften zum Rezyklat-Anteil und zur Verwendung von biologisch abbaubaren Kunststoffen zur Anwendung. Auch in der Textilindustrie werden Möglichkeiten der Wiederverwendung und einer nachhaltigeren Produktion ausgebaut werden. In der Lebensmittelindustrie sollen unter anderem Alternativen für Einwegverpackungen und Wegwerfbesteck gefunden werden. Und schließlich soll das Kreislaufprinzip stärker integriert werden, um ein nachhaltigeres Bauwesen zu etablieren.
All diese Maßnahmenpakte zielen darauf ab, Abfall insgesamt zu reduzieren und stattdessen Ressourcen in verlustfreien Kreisläufen zu binden.

Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft und was die öffentliche Beschaffung dazu beitragen kann

Schon jetzt finden sich in der Wirtschaft und bei den Verbrauchern Vorreiter, die sich der Nachhaltigkeit verschrieben haben und damit das Gelingen einer effektiven Kreislaufwirtschaft voranbringen. Um die Erderwärmung allerdings einzudämmen, muss Kreislaufwirtschaft vom Best-Practice zum „Business as usual“ werden – und das innerhalb weniger Jahre.

Auch Behörden und Institutionen werden zunehmend mit der Thematik vertraut gemacht, etwa durch assoziierte Verwaltungsvorschriften, wie die AVV Klima. Denn als Einkäufer über fast alle Branchen hinweg hat die öffentliche Hand einen immensen Einfluss auf die Wirtschaft und ihre Transformation zur Nachhaltigkeit. Immerhin hat sie mit 14 % einen signifikanten Anteil am BIP. Insofern ist die Signalwirkung von Ausschreibungen mit Nachhaltigkeits-Fokus nicht zu unterschätzen.

In der Praxis aber fehlen oft Know-how, Zeit und Fachkompetenz, um die neuen Gestaltungsmöglichkeiten in Vergaben tatsächlich zu nutzen. Die europäische Kommission sieht im Aktionsplan vor, den Kapazitätsaufbau mit Leitfäden, Schulungen und der Verbreitung bewährter Verfahren zu unterstützen. Zudem möchte sie öffentliche Auftraggeber dazu ermutigen, sich der Initiative „Öffentliche Auftraggeber für Klima und Umwelt“ beizutreten.

Um Einkäufern zusätzlich Unterstützung an die Hand zu geben, bietet der Vergabe-Insider neben Fachbeiträgen auch konkrete Checklisten und Tools zur Umsetzung nachhaltiger Beschaffungen. Hier geht es zum Download des Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft im Rahmen des European Green Deals: https://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:9903b325-6388-11ea-b735-01aa75ed71a1.0016.02/DOC_1&format=PDF

Eine Übersicht mit weiteren praktischen Hilfestellungen finden Sie in unserem Downloadbereich.


Quellen:

1. https://www.europarl.europa.eu/news/en/headlines/society/20200618STO81513/green-deal-key-to-a-climate-neutral-and-sustainable-eu (Stand 12.09.2022)

2. https://ec.europa.eu/info/strategy/priorities-2019-2024/european-green-deal_de (Stand 12.09.2022)

3. https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_20_420 (Stand 12.09.2022)

4. https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_20_420 (Stand 12.09.2022)

5. https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_20_420 (Stand 12.09.2022)