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Interessante Einblicke in die Online-Veranstaltung „Kreislauf statt Kollaps”

Am Mittwoch, den 14. April, fand die digitale Veranstaltung „Kreislauf statt Kollaps – politische Klarheit für eine umweltfreundliche öffentliche Beschaffung” statt. Ausgerichtet wurde diese von Green Care Professional in Zusammenarbeit mit dem Naturschutzbund Deutschland e. V., kurz NABU. Das übergreifende Ziel war es, die Vorreiterrolle des öffentlichen Sektors für die Kreislaufwirtschaft darzulegen. Nicht zuletzt aufgrund ihrer enormen Kaufkraft stellt die öffentliche Beschaffung einen großen Hebel dar, um die Nachfrage nach umweltfreundlichen Produkten und Dienstleistungen gezielt zu stärken.

Obwohl es die erste Veranstaltung dieser Art war, war sie ein voller Erfolg. Mit großem Interesse haben die vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus unterschiedlichsten Branchen die virtuellen Vorträge unserer ReferentInnen verfolgt, welche einen intensiven Austausch mit reger Beteiligung seitens der Zuhörerschaft mit sich brachten. Hanna Gersmann, Journalistin für Wirtschafts- und Umweltpolitik, begleitete die Veranstaltung als Moderatorin und begrüßte zu Beginn alle Beteiligten kurz, bevor sie das Wort an die Gastgeber, Thomas Ulbricht und Michael Schäfer, übergab.

4 spannende Thesen zum Einstieg

Thomas Ulbricht leitet die Professional-Sparte von Werner & Mertz, einem Mainzer Reinigungs- und Pflegemittelunternehmen, zu dem auch Green Care Professional gehört. In seiner Begrüßungsansprache betonte er die hohe Signal- und Lenkungswirkung, die die öffentliche Beschaffung innehält. Er ist überzeugt davon, dass zwischen Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit kein Gegensatz besteht, sondern diese beiden Faktoren sogar sehr erfolgreich miteinander verbunden werden können. „Wer nachhaltig beschafft, beschafft wirtschaftlich.”, so Ulbricht. 

Der Leiter des Fachbereichs Klima- und Umweltpolitik beim NABU, Michael Schäfer, stellte nach ein paar einleitenden Worten folgende vier Thesen zur umweltfreundlichen öffentlichen Beschaffung dar:

  • Angebot und Nachfrage müssen gleichzeitig ausgebaut werden.
  • Nachhaltige öffentliche Beschaffung ist mehr als der Einkauf von Recyclingprodukten.
  • Umweltfreundliche Beschaffung ist nicht nur Aufgabe der öffentlichen Hand.
  • Politische Maßnahmen müssen weiterentwickelt werden.

Umweltfreundliche öffentliche Beschaffung in Deutschland aus Sicht der Wissenschaft

Michael Eßig ist Professor für Betriebswirtschaft an der Universität der Bundeswehr München und leitet dort zusammen mit Professor Christian von Deimling, ebenfalls Betriebswirt, das Arbeitsgebiet Beschaffung. Basierend auf verschiedenen, aktuell durchgeführten wissenschaftlichen Untersuchungen haben sie sieben Thesen zur umweltfreundlichen öffentlichen Beschaffung zusammengestellt und anhand einer Präsentation, welche wir für Sie gerne nochmals zur Verfügung stellen, erläutert. Diese Thesen lauten:

  • Hohe politische Ambitionen: öffentliches Beschaffungswesen soll mit gutem Beispiel vorangehen
  • Vergaberechtliche Möglichkeiten und Hilfestellungen sind vorhanden, Interpretationsspielraum ist weit gefasst
  • Qualitätskriterien werden bei Vergaben berücksichtigt, dennoch niedriges Niveau an umweltfreundlichen Zuschlagskriterien
  • Konkretisierung der umweltfreundlichen Kriterien ist heterogen, nicht alle Möglichkeiten werden genutzt
  • Fortschritt bei den Beschaffungs- und Vergabestellen ist heterogen, Wandel bedarf Engagement, Zeit, Know-how und Ressourcen
  • Professionalisierung öffentlicher Einkäufer notwendig, eine dezidierte Ausbildung fehlt
  • Durchgängiges „Management by Sustainability” notwendig, Politik und Verwaltung im engen Austausch

Der öffentliche Einkauf befindet sich Professor Eßig zufolge auf dem Weg zu einer strategischen Funktion, was ihn optimistisch in die Zukunft blicken lässt.

Umweltfreundliche öffentliche Beschaffung in der Praxis

In der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz in Berlin ist Benjamin Bongardt Referatsleiter für Kreislaufwirtschaft, Ressourcenschonung, umweltfreundliche Beschaffung und Stadtsauberkeit. Beim NABU war er einige Zeit als Ressourcenexperte tätig. Im Rahmen dieser Veranstaltung präsentierte er unter anderem den EU-Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft sowie auch das Kreislaufwirtschaftsgesetz samt Neuerungen. Auch die Verwaltungsvorschrift Beschaffung und Umwelt, VwVBU, war Teil seines Vortrags. „Ohne umweltfreundlich orientierte Beschaffung werden wir die Klimaziele nicht erreichen.”, stellte Bongardt klar. Die Vernetzung von Bundes-, Landes- und kommunalen Vorgaben spielt dabei eine bedeutende Rolle. Grundsätzlich befindet sich Deutschland laut Bongardt jedoch auf einem guten Weg zur nachhaltigen öffentlichen Beschaffung. In Zukunft sollten allerdings die Ministerien für Umwelt und Wirtschaft noch enger zusammenarbeiten. Auch seine Präsentation stellen wir für Sie gerne zum Download bereit.

Die Kreislaufwirtschaft aus Sicht der Politik

Michael Thews ist Bundestagsabgeordneter der SPD und Berichterstatter für Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit in seiner Partei. Er ist der Meinung, dass das Kreislaufwirtschaftsgesetz in seiner jetzigen Form bereits einen Wandel in der öffentlichen Beschaffung bewirken kann, erkennt an gewissen Stellen allerdings auch noch Ausbaupotenzial. Darüber hinaus befürwortet Thews die Einführung einer Recyclingeinsatzquote und unterstützt den Beschluss des Verpackungs- sowie des Elektrogesetzes.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Oliver Krischer, äußerte sich zum Kreislaufwirtschaftsgesetz folgendermaßen: „Es muss normal werden, dass bei der öffentlichen Beschaffung Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt werden müssen und nicht können oder sollen.” Zum aktuellen Zeitpunkt befinden wir uns laut Krischer noch auf der Ebene des Könnens, auch wenn bereits Fortschritte erkennbar sind.

Kristin Stechemesser ist im Umweltbundesamt tätig, ihr Fachgebiet ist neben Ökodesign die Umweltkennzeichnung, außerdem ist sie zuständig für die umweltfreundliche öffentliche Beschaffung. Sie wies auf die Ausschreibungsempfehlungen hin und empfiehlt allen Zuhörern, für einen Einstieg die Internetseite des Umweltbundesamts zu besuchen.

Hohes Engagement als Basis für Veränderung

Im Anschluss an die informativen Vorträge und Präsentationen stellten sich die ReferentInnen den vielen unterschiedlichen Fragen aus dem Publikum. Eine angeregte Diskussion rund um die Themen Kreislaufwirtschaft und Kreislaufwirtschaftsgesetz, Lieferkettengesetz, Zertifizierungen, Zuschlagskriterien sowie Vergaberecht wurde ausgelöst, was nicht zuletzt der regen Beteiligung seitens der Gäste zu verdanken war.
Die gesamte Veranstaltung wurde aufgezeichnet. Wenn Sie sich diese noch einmal anschauen möchten, gelangen Sie über diesen Link direkt zum Video.